Russen wollen Menschen zum Mars schicken
Russland will in das Wettrennen zum Mars eingreifen: Moskau hat konkrete Pläne für eine bemannte Mission zum Roten Planeten. Schon 2017 könnten optimistischen Schätzungen zufolge die Kosmonauten starten.
Berlin/Moskau - Eigentlich haben die Russen immer die Ansicht vertreten, Flüge zu anderen Planeten seien wegen der enormen Kosten nur in internationaler Zusammenarbeit zu stemmen. Doch angesichts des geplanten nationalen Alleingangs der Amerikaner und anderer Nationen zum Mars bereiten nun auch die Russen eine eigene bemannte Mission zum Roten Planeten vor. Der Zeitpunkt steht allerdings noch nicht fest.
Optimisten peilen die Jahre 2017/2018 an, wenn sich das nächste sogenannte ballistische Fenster zwischen Erde und Mars öffnet. Pessimisten halten den Termin allerdings wegen der gewaltigen technischen Voraussetzungen, die dafür erst geschaffen werden müssen, für unrealistisch. Schließlich braucht man ein riesiges, hunderte Tonnen schweres Raumschiff mit völlig neuem Antrieb. Eines ist für Russland jedoch klar: Der Flug wird stattfinden und dauert hin und zurück unter optimalen Bedingungen 700 Tage plus 20 bis 30 Tage Aufenthalt auf dem Mars. Auch die Finanzierung scheint gesichert, denn das Projekt ist im Föderalen Raumfahrtprogramm (FKP) verankert.
Ein erster Entwurf wurde 2005 unter dem Titel "Bemannte Expedition zum Mars" erstellt. Dabei schälte sich heraus, dass Zeitpunkt und Kosten der Mission im wesentlichen vom Triebwerkstyp abhängen, wie Chefkonstrukteur Witali Semjonow vom Moskauer "Keldysch"-Forschungszentrum sagte, der zu den Vätern des Projekts gehört. Nach dem derzeitigen Stand der Dinge erhält das Raumschiff elektroreaktive Motoren, die mit Sonnenenergie gespeist werden. In der ersten Etappe des Projekts sind fünf unbemannte Expeditionen zum Mars geplant. Dabei soll auch ein mehrfach verwendbarer Bugsierer zum Einsatz gekommen.
Suche nach Platz für eine Marsbasis
Der Bugsierer muss die Voraussetzungen für eine Landung und den Rückstart erfüllen. Ferner soll es am geplanten Landungsort nach Möglichkeit unterirdische Wasservorräte geben. Die Wissenschaftler wünschen sich zudem ein Gebiet mit den größten Chancen für die Entdeckung von Lebensspuren.
Doch bevor es losgehen kann, müssen neben den technischen auch medizinische und biologische Probleme gelöst werden. Denn der Mensch ist das schwächste Glied in dem Jahrhundertvorhaben. Zwar hat der russische Arzt Waleri Poljakow 1994/95 in der Raumstation MIR bei einem Selbstversuch mit seinem 438-Tage-Flug schon den prinzipiellen Beweis erbracht, dass es offenbar keine Grenzen für Langzeitmissionen im All gibt. Allerdings bereitet auf dem langen Weg zum Mars die kosmische Strahlung den Experten Kopfzerbrechen. Dieser Gefahr soll damit begegnet werden, dass man die Treibstoff- und Wassertanks rund um die Wohnsektion gruppiert.
Ernähren werden sich die Mars-Fahrer weitgehend wie Kosmonauten: Sie bereiten ihre Trockennahrung mit Wasser auf, das aus einem geschlossenen Kreislauf kommt. Ergänzt wird der Speiseplan durch frische Vitamine aus einem "kosmischen Gemüsegarten", dessen Prototyp im Moskauer Institut für Medizinsch-Biologische Probleme (IMBP) entwickelt wurde.
Die psychologischen Aspekte des 530-Tage-Abenteuers sollen ab Herbst bei der Mission "Mars-500" realitätsnah auf der Erde durchgespielt werden. Sechs Kandidaten, darunter auch von der Europäischen Weltraumorganisation Esa, imitieren den Flug in hermetisch abgeschlossenen Modulen. Dabei soll vor allem herausgefunden werden, wie Menschen unter normalen wie außergewöhnlichen Bedingungen auf eine solche Strapaze reagieren.
90 Bewerber aus 19 Staaten wurden bereits ausgewählt. Darunter sind lediglich sechs Frauen und ein Ehepaar. Die Russen räumen Frauen nur geringe Chancen ein, als erste ihre Füße auf den Mars zu setzen - aus "physiologischen und psychologischen" Gründen, wie sie sagen.
http://www.spiegel.de/wissenschaft/w...471889,00.html
http://berlinadmin.dlr.de/HofW/nr/170/Sojus-MEX.jpg
http://spaceflight.nasa.gov/gallery/images/mars/marsvehicles/lores/s95_01408.jpg
Lesezeichen