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Investoren sind in Russland auf dem Holzweg
Investoren sind in Russland auf dem Holzweg
Heimische Firmen eröffnen eifrig neue Werke / Den Löwenanteil hat bisher die Holzbranche investiert
von Lisbeth Klein
Eine Milliarde österreichische Euro verteilt auf rund 17 Millionen russische Quadratkilometer. Ganz stimmt die Rechnung nicht, denn der Investitions-Regen des Vorjahres ist in rauen Mengen nur westlich des Uralgebirges gefallen. An Sibiriens Permafrostboden beißen sich meist nur jene die Zähne aus, die an Bodenschätze gelangen wollen. Die anderen strömen in die Ballungszentren rund um St. Petersburg und Moskau.
Einen guten Grund, den Ballungsräumen den Rücken zu kehren, haben die finanzkräftigsten der insgesamt 200 heimischen Investoren: Sie verdienen ihr Geld mit Holz, und das gibt’s zuhauf eben ein bisschen abseits. Einer der big player der österreichischen Holzindustrie, der Tiroler Spanplattenhersteller Egger, hat soeben für 70 Millionen Euro ein Werk in Shuya in Betrieb genommen. Dort, in 300 km Entfernung von Moskau, produzieren jetzt 300 Mitarbeiter Spanplatten. Verkauft wird ausschließlich nach Russland. Der Holzweg ist definitiv ein guter, denn die Nachfrage nach Spanplatten steigt in Russland jährlich um rund zehn Prozent.
RÜCKGANG Von zehn Prozent Wachstum kann die Wirtschaft indes nur träumen. Die Zeiten sind härter geworden – nicht zuletzt wegen der gesunkenen Öl-Fördermenge und des weltweit niedrigeren Stahl-Preises. Beides sind traditionelle russische Exportprodukte. So stehen den 7,2 Prozent realem Wachstum 2004 im ersten Halbjahr 2005 „nur“ 5,1 Prozent Wirtschaftswachstum gegenüber. Saisonale Flaute oder länger anhaltende Abschwächung? Laut einer jüngst publizierten Analyse des Wiener Instituts für Internationale Wirtschaftsvergleiche (WIIW) trifft Letzteres zu: Russland wird darin auch für das Jahr 2006 „nur“ ein Wachstum um die fünf Prozent bescheinigt. „Die Stimmung im Land ist trotzdem gut“, nimmt Michail Borisov, Analyst bei der Raiffeisenbank Moskau, Schwarzsehern den Wind aus den Segeln.
Schwarzsehen ist definitiv nicht das Business des Zellulose- und Papierhersteller Mondi Papers, besser bekannt unter dem ehemaligen Namen Neusiedler. Mondi Papers hat neben Kronotech bisher das meiste Geld in Russland investiert.
Die Mondi-Euros sind in ein bestehendes Zellulosewerk 2000 km nordöstlich von Moskau geflossen. Das Werk wurde nach und nach vollständig übernommen. Günther Hassler, Vorstandsvorsitzender bei Mondi Papers, erklärt einen der gewichtigsten Gründe für die Standortwahl: „Wir können hier um rund ein Drittel günstiger produzieren als in Österreich.“ Die aktuellen Zahlen sprechen für sich: 320 Millionen Euro wurden 2004 alleine in Russland umgesetzt, die restliche Produktion (50 Prozent) ist in den Fernen Osten und nach Europa gewandert.
So wie Mondi Papers hat auch der Schirmherr von Kronotech, der Salzburger Industrielle Peter Kaindl, Russland für sich entdeckt. 150 Millionen Euro wurden bisher in einen Betrieb in Egorievsk investiert.
VORMARSCH Neben Holzproduzenten sind auch andere Firmen auf Vorwärts-Kurs im anderen Russland. Entlang der Wolga haben sich Betriebe wie Steyr-Motoren (Nishni Novgorod) oder der Kunstoffflaschen-Hersteller Alpla (Samara) niedergelassen. Die Wolga-Region mit aufstrebenden Städten wie Kazan und Wolgograd zählt überhaupt zu einer der Zukunftsregionen.
In die Zukunft schaut man auch gespannt beim Ziegelhersteller Wienerberger. Investiert werden 30 Millionen Euro in ein Ziegelwerk in Kiprewo, 130 km nördlich von Moskau. Geplanter Produktionsstart ist im April 2006 – dann wird auch einer der österreichischen Vorzeigebetriebe unter der russischen Landesvorwahl 007 erreichbar sein.
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